Das Thema ist vielschichtig, mehr steht im Buch. Was aber immer eine gute Idee ist, und davon möchte ich heute berichten, sich einmal ganz genau anzuschauen, wie funktioniert eigentlich die eigene Selbstbefriedigung? Denn oft hängt die Art und Weise der Selbstbefriedigung mit der Funktion beim Sex zusammen. Und verändert man diese, kann man sich im Laufe der Zeit besser spüren und mehr Kontrolle über sein Geschlechtsorgan aufbauen. Für mehr Genuss!

Selbstbefriedigung trainiert die Funktionsweise des Körpers – positiv und negativ

Warum ist es wichtig, einmal ganz genau hinzuschauen, wie die eigene Selbstbefriedigung funktioniert? Weil Selbstbefriedigung den Körper auf seine Funktionsweise trainiert und somit Einfluss auf den Sexualakt mit einer anderen Person hat. Im Positiven wie im Negativen. Selbstbefriedigung ist eine Möglichkeit, Sex zu haben. Sex zu zweit eine andere Möglichkeit. Oft unterscheidet sich die eine von der anderen. Dabei kommt Selbstbefriedigung in der Regel öfter vor als Sex zu zweit. Das ist wichtig, zu erkennen, denn alles, was der Körper dreimal tut, fängt er an, zu lernen. Und das, was er gelernt hat, will er so wiederholen. Die Körperfunktion, die er für diese Tätigkeit braucht, wird im Laufe der Zeit immer besser ausgebildet. Die Tätigkeit kann immer leichter und unbewusster ausgeführt werden. Dabei verkümmern automatisch andere Fähigkeiten. Eine Parallele: Lerne ich Flöte spielen, kann ich das nach ein paar Jahren immer besser und mit mehr Leichtigkeit. Ich kann jedoch nicht automatisch auch Saxophon spielen. Das muss ich auch lernen. Und womöglich ist das, was ich für das Flötespielen an Gewohnheiten und Reflexen aufgebaut habe, zum Teil hinderlich für das Saxophonspielen!

Paul (ein Fallbeispiel aus dem Buch) hat seinen Körper also Jahre lang darauf trainiert, durch feste Reibung und deutliche Anspannung des ganzen Körpers zu kommen. Und das bei einer Fixierung auf Bilder. Das Gleiche versucht er (unbewusst) auch beim Sex mit seiner Partnerin. Da er beim Sex mit seiner Partnerin jedoch nicht die gleiche sehr hohe Erregung fühlt, wie beim Anschauen eines Pornos, erscheint ihm seine Erektion unzuverlässig. Sein Körper erhält nicht die gleiche Stimulation, die er gewohnt ist. Er hat jahrelang Flöte gespielt, jetzt kommt das Saxophon dazu, und es funktioniert nicht von alleine. Dazu kommt: Der Körper möchte am liebsten weiter Flöte spielen, weil er es gewohnt ist und es ihm eine sichere Befriedigung beschert.  

Sex mit einer anderen Person zu haben, erfordert viel mehr Fühlen. Und es ist körperlich wie mental und psychisch viel komplexer. Sein Verlauf ist viel weniger sicher und planbar als die Selbstbefriedigung, ob mit oder ohne Pornos. Es erfordert viel mehr (Selbst-) vertrauen und Loslassenkönnen, das Miteinander sinnlich zu genießen. Sich selbst ein Stück zu vergessen und dabei auch die Frage, ob man Bewunderung oder Enttäuschung ernten wird. Den anderen Körper wahrzunehmen, zu sehen, riechen, spüren, hören, schmecken. Miteinander zu interagieren, sich miteinander zu bewegen. Auf sich und auf den anderen zu achten. Sich Lust an dem zu holen, was man miteinander tut und nicht nur an dem, was man sieht, wie beim Porno-Schauen. Das alles sind ganz andere Gehirn und Körperfunktionen als beim »Porno-Masturbieren«.

Es ist von Vorteil, den eigenen Körper auch bei der Selbstbefriedigung sinnlich wahrzunehmen. Mit dem eigenen Körper zu spielen. Die Erregung zu verstärken und wieder absinken zu lassen. Sich körperlich selbst viel besser kennen zulernen. Sich mit ungewohnten Berührungen zu überraschen. Sich so sachte zu streicheln, die Eichel, das Frenulum, den Schaft, dass die Berührung kaum wahrnehmbar ist. Und nicht nur auf einen starken Orgasmus zu fokussieren, sondern auf sinnlichen Genuss dorthin.

(Mehr über meine erfolgreiche Arbeit mit Paul in meinem Buch "Endlich guter Sex. Fälle aus der Praxis einer Sexualtherapeutin.")